Online-Lehre
Die Corona-Krise hat zu heftigen Diskussionen um die anstehende Lehraktivität an den Universitäten geführt. Denn es ist abzusehen, dass die traditionelle Form im nächsten Semester nicht zu realisieren ist. Um zu verhindern, dass das ganze Semester ins Wasser fällt, dreht sich jetzt alles um online. Jitsi, Teams, zoom, meet und was es das sonst noch alles gibt, werden jetzt angepriesen oder verworfen. Schwierig wird die Entscheidung, ob man hier aktiv wird, und wenn ja, wie, vor allem auch durch die absehbaren Probleme mit diesen Systemen. Wenn sie über zentrale (amerikanische) Server laufen, ist das erstens datenschutzrechtlich ein Problem, weil in Europa vieles davon an Universitäten gar nicht genutzt werden darf, und zweitens ein Datendurchsatzproblem. Denn absehbar wird vieles durch den massiven anstehenden Zugriff verlangsamt oder sogar in die Knie gezwungen.
In der Kunstgeschichte bzw. allen bildorientierten Wissenschaften wird die Sache noch ein wenig komplizierter dadurch, dass es hier nicht mit rein textorientierten Diskussionsplattformen getan ist, sondern dass auch Bilder präsentiert werden müssen. Manches von dem, was wir eigentlich geplant hatten, wird unter online-Bedingungen nur schwer zu realisieren sein. Vielleicht sollten wir hier wirklich einmal überlegen, ob wir die Themenstellungen so umbauen, dass sie auch in diese vor allem an deutschen Universitäten noch relativ unbekannten Formen der Vermittlung hineinpassen. Eine stark auf Sekundärliteratur aufbauende Lehrveranstaltung dürfte in Zeiten, in denen alle Bibliotheken geschlossen sind, schwer zu machen sein. Eine “Übung im vergleichenden Sehen” dagegen (im übrigen eine klassische, zuletzt aber wenig praktizierte Vermittlungsform), müsste sehr viel besser zu machen sein.
Was unser Thema “das digitale Bild” angeht, könnte jetzt die Stunden gekommen sein, die auch schon in unserem Antrag avisiert war. Darin hatten wir folgende Passage formuliert:
Die Verwendung des digitalen Bildes in der Kunstgeschichte und darüber hinaus verharrt vielfach in einer Phase, die mediengeschichtlich als eine frühe Umbruchphase beschrieben werden kann. In ihr ahmen neue die alten Medien nach, um sich dann erst später ihrer medialen Möglichkeiten bewusst zu werden. Bilder werden gewöhnlich als statische behandelt und behalten damit ihre aus dem Analogen bekannten Eigenschaften. In der Vermittlung über Software-Programme wie Power Point bleiben sie im Wölfflinschen Paradigma des vergleichenden Sehens verhaftet. Verzichtet wird dabei auf die eingangs beschriebene, pädagogisch/analytisch hoch relevante Verflüssigung des Bildes im Digitalen, mit der fruchtbare Denkprozesse angeregt werden können. Unter analogen Bedingungen waren sie einmal dem Leuchttisch vorbehalten, auf dem Dias arrangiert wurden. Die an der Stanford University in Zusammenarbeit mit einigen (auch in Deutschland angesiedelten) Anwenderinstitutionen entwickelte Programmierschnittstelle IIIF scheint hier weiter zu gehen und einen flexiblen Gebrauch des Bildes mit seiner seriösen Dokumentation zu verbinden. Gedacht ist in diesem Zusammenhang an Projekte, in denen ein solcher neuer Bildgebrauch diskutiert wird, aber auch an solche, die ihn in seiner Anwendung empirisch untersuchen. Zu fragen wäre hier etwa, inwieweit und mit welchen Konsequenzen die Ubiquität der technischen Infrastruktur in Gestalt von voll ausgebildeten Computern im Handyformat die Loslösung des Bildes vom nur passiv wahrzunehmenden Präsentationsbildschirm befördert.
Wenn es gelingen sollte, derartige Perspektiven in der anstehenden online-Lehre wenigstens im Ansatz zu testen, hätte Corona für die digitale Lehre sogar ein Gutes!
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