Licht, Struktur, Begegnung. Street Photography in Palermo und Paris

Licht, Struktur, Begegnung. Street Photography in Palermo und Paris

Das digitale Bild ist allgegenwärtig – im eigenen Smartphone, im Internet, auf dem Computer. In der wissenschaftlichen Forschung ist das digitale Bild Objekt und Instrument zugleich, wie meine Fotoausstellung „Licht, Struktur, Begegnung. Street Photography in Palermo und Paris“ zeigt. Ich habe dieses Fotos im Rahmen meines DFG-Projekts „Hinter dem digitalen Bild“ gemacht; die Ausstellung in Köln (18.1. bis 29.3.2023) markiert zugleich den Übergang in die zweite Projektphase des DFG- Schwerpunktprogramms „Das digitale Bild“.

Die in der Bibliothek der Universität zu Köln ausgestellten Fotos sind im Rahmen von zwei Workshops der renommierten Fotoagentur Magnum in Palermo und Paris entstanden. Sie sind nach gemeinsamen Editing-Prozessen mit den Workshop-Leiter*innen als Portfolio gewählt worden; die Schwarz-Weiß-Aufnahmen wurden ergänzt durch meine persönliche Bildauswahl, die partiell deckungsgleich mit den Favoriten der Workshop-Leiter*innen ist. In der bewussten Grenzüberschreitung von Theorie und Praxis, von scheinbar objektivierender Forschung zur Transparenz der interagierenden Herangehensweise liegt für mich in der eigenen fotografischen Praxis die Möglichkeit, in der Schnittstelle der Dokumentati­on, der qualitativen Sozialforschung und der künstlerischen Forschung zu arbeiten. Die Intensität von Workshops in Städten, die ich zum Teil erstmals besucht habe, spiegelt das Geworfensein von Fotojournalist*innen in unbekannte Plätze und Situationen – aus denen heraus fotografische Werke geschaffen werden, oder in der Logik redaktioneller Anforderungen geschaffen werden müssen. Zugleich eröffnet sich die Möglichkeit, Techniken der visuellen Ethnografie, der fotojournalistischen Reportage und der Street Photography auszuloten.

Forschungsfragen betreffen das Verhältnis professioneller Fotojournalist*innen zu Produser*innen (nach Axel Bruns sind User*innen zugleich Produzent*innen), unter anderem auf Social Media-Plattformen wie Twitter, der Theoretisierung des digitalen Bildes und visueller Ethik. Das digitale Bild wird begriffen als Forschungsobjekt und Forschungsinstrument, die digitale Kamera als Forschungswerkzeug. Um sich verkörperten Praktiken der Ethik und des Bildhandelns von Fotojournalist*innen anzunähern und weiterführende Forschungsfragen sowie Forschungslücken zwischen Theorie und Praxis zu entwickeln, fotografiere ich selbst. Die Methode der visuellen (Auto-) Ethnografie birgt das Potenzial, sich der intensiven Verwobenheit der Fotograf*innen , ihrer Wahrnehmung und der Heterogenität des jeweiligen Umfelds reflexiv zu nähern – nicht zuletzt im selbstreflexiven Schreiben wissenschaftlicher Texte.

Glokalisierung des digitalen Bildes

Die Ausstellung in den Roten Vitrinen in der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln markiert den Übergang zwischen der ersten und der zweiten Projektphase im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms „Das digitale Bild“. Die erste Projektphase lief von April 2020 bis März 2023 und stellte die Transformation des Fotojournalismus etwa durch Social Media ins Zentrum. In der zweiten Projektphase forsche ich zur „Glokalisierung des digitalen Bildes: Ethik, Bildhandeln und innovative Methoden“. Ziel ist es, Ethik und Bildhandeln digitaler Fotos (global/universal) sowie die Erfahrungen der Fotograf*innen (lokal/partikular) zu untersuchen. Der Begriff Glokalisierung bezieht sich auf zeitgleiche globale und lokale Entwicklungen des digitalen Bildes. Das Projekt schöpft aus der Akteur-Medien-Theorie und Theorien des „civil contract of [digital, E.R.] photography“ (nach Ariella Aisha Azoulay). Es untersucht inkorporierte („embodied“) Praktiken der Ethik und des Bildhandelns von Fotojournalist*innen, Fotokollektiven und Community-Archiven in der digitalen Fotografie an der Schnittstelle von Fotojournalismus und Aktivismus, digitalen Archiven und Community-/Citizen-Beteiligungen. Das Projekt ist an der Universität zu Köln am Institut für Medienkultur und Theater angesiedelt (April 2023 bis März 2026)

Ausstellungsteam

Fotografien, Texte, Konzeption: Dr. Evelyn Runge (Projektleiterin „Das digitale Bild“, evelyn.runge@uni-koeln.de)

Wissenschaftskommunikation, Konzeption: Anna Prianka Schmidt (Projektmitarbeiterin „Das digitale Bild“)

Kuration Universitäts- und Stadtbibliothek Köln: Sandra Friedrich (fried@ub.uni-koeln.de)

Ausstellungsort

Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, Vitrine vor der Kaffeebar, Universitätsstraße 33, 50931 Köln

Öffnungszeiten

18.1. – 29.3.2023, Montag bis Freitag von 9 bis 24 Uhr, sowie Samstag und Sonntag von 9 bis 21 Uhr

Zum Weiterlesen

Zu einigen der ausgestellten Fotos erschien im Dezember 2022 ein aktueller Forschungsartikel von Evelyn Runge im Fachjournal „Rundbrief Fotografie“ unter dem Titel „Visuelle Autoethnografie. Feldforschung in Palermo bei einem Fotoworkshop“ (Rundbrief Fotografie – Vol. 29 (2022), No. 3/4 [N.F. 115/116], S. 63-74, DOI: https://doi.org/10.1515/rbf-2022-3010).

Runge, Evelyn. 2021. „Para-Fotojournalismus: Vernetzte Bilder zwischen Profession und Partizipation. Zur Theorie des digitalen Bildes.Medienwissenschaft: Rezensionen 38 (2); 125-148. DOI: 10.25969/mediarep/16277 (Open Access)

Runge, Evelyn. 2021. “Behind the Digital Image. Public Photographs on Community Platforms and Twitter as Repositories for Machine Learning and Journalistic Publications.International Journal for Digital Art History DAHJ E1; 100-115. DOI: https://doi.org/10.11588/dah.2021.E1.83930 (Open Access)

Transparenzhinweis: Dieser Artikel erschien am 14.2.2023 auch bei Visual History.

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